Fairness hat ihren Preis
Essen ist Leben
Fairness hat ihren Preis
WAZ GE 15.04.2012
Gelsenkirchen. Vom Kaffee bis zur Fertig-Mischung: Ein breites Angebot von Fairtrade-Produkten setzt in den Produzenten-Ländern einen segensreichen Kreislauf in Gang . Gelsenkirchen ist auf dem Weg zur Fairtrade-Stadt.
Essen ist lebensnotwendig. Aber: gezielt faire Produkte speisen, das bedeutet obendrein, Leben in den armen Ländern der Welt, in Lateinamerika, Afrika oder Asien, lebenswert zu machen.
Die Tasse fairen Kaffee, Kakao oder Tee, Reis und Nudeln mit Gewürzen aller Geschmacksrichtungen, der Pausenkeks, Honig oder Schokoaufstrich zum Frühstück, inzwischen sogar fair&fix-Mischungen für Huhn, Steak oder Lachs: Produkte, die Leben unterstützen. Dafür steht der faire Handel, dafür stehen die Siegel von Fairtrade-Handelsgesellschaften wie gepa, El Puente oder dwp. Dafür steht unter anderem auch Martin Müller aus Gelsenkirchen, Geschäftsführer von Weltläden Basis und Überzeugungstäter im wohlverstandenen Sinne.
Wie eng verzahnt der Kauf fair gehandelter Produkte in deutschen Läden mit den Lebensbedingungen der Familien in armen Regionen der Erde ist, macht er am Beispiel der Kooperative Cosa Cosatin in Nicaragua deutlich. „Rund 600 Kleinbauern aus einer sehr armen Hochlandregion in der Nähe von Managua haben sich hier vor Jahren zusammengeschlossen, bauen Kaffee an und produzieren Honig. Mit dem Geld, das sie im fairen Handel verdienen, können sie endlich ihre Familien ernähren und die Kinder zur Schule schicken.“ Bis vor ein paar Jahren sei das noch undenkbar gewesen. Mehr noch: „Inzwischen fließt ein Teil der höheren Erlöse für faire Produkte in Stipendien“, erzählt Müller. Der Erfolg: Einige Bauern würden studieren. Und zwar bevorzugt Agrarwirtschaft, um ihr Wissen wiederum in die Kooperative einzubringen. Ein segensreicher Kreislauf also. Einer, der Leben und Bildungschancen sicher stellt und die Bedingungen der Menschen dauerhaft verbessert.
Der faire Handel, so der Weltläden-Geschäftsführer, basiere auf angemessenen Preisen, die die Produzenten selbst und nicht der Weltmarkt vorgeben. Faire Produkte haben für Endkunden allerdings auch ihren Preis. Natürlich ist Müller das Argument vertraut: „Wir würden ja gerne…, aber die Sachen sind uns zu teuer.“ Er hält dagegen: „Was wir anbieten, sind durchweg hochwertige Qualitätsprodukte, die obendrein zu 75 Prozent aus biologischem Anbau stammen.“ Außerdem müsse man sich immer wieder klar machen, dass man sich selbst etwas Gutes damit tue. Außerdem, sagt Müller verschmitzt: „Weniger ist manchmal mehr.“
Die Vielfalt fairer Produkte hat das Kaffee-Kakao-Schokolade-Image längst überholt. Mit Blick auf die Sortimente in der Weltläden Basis Fairhandelsgesellschaft an der Vinckestraße 89 dürften auch Skeptiker feststellen: Inzwischen kann man vom Frühstück bis zum Abendbrot einen ganzen fairen Tag lang sehr abwechslungsreiche Mahlzeiten auf den Tisch bringen. Und am Ende des Tages ein Glas chilenischen Rotwein oder ein anderes faires Tröpfen genießen.
Auch die Stadt Gelsenkirchen unterstützt den fairen Handelsgedanken und hat sich per Ratsbeschluss auf den Weg zur Fairtrade-Stadt gemacht. In der Steuerungsgruppe, die den Prozess vorbereitet und begleitet, sitzt – natürlich – auch Martin Müller.
Inge Ansahl